Das Werner-Heisenberg-Gymnasium im zweiten Weltkrieg – Eine Gesichte von Jasmin Wilhelmi
Das Werner-Heisenberg-Gymnasium im Zweiten Weltkrieg
Die Veränderungen in Deutschland seit der Machtübernahme durch die NSDAP waren auch am Neuwieder Gymnasium deutlich zu spüren. Unruhe kam auf, denn einige Schüler waren Mitglieder des NS-Schülerbundes geworden. Kaum hatte das „Tausendjährige Reich“ begonnen, musste der Unterricht verändert und an die neuen Richtlinien und Ideale angepasst werden. „Untragbare“ Lehrer wurden aus dem Dienst entlassen. Unter ihnen befand sich 1933 auch der Direktor des Neuwieder Gymnasiums Dr. Franke, wie viele seiner Kollegen im Land war er ein Opfer des Systems.
Die Ausrichtung der Anstalt im nationalsozialistischen Sinne beeinträchtigte den Unterricht. Leibesübungen und körperliche Ertüchtigung gewannen an Wertschätzung, während wissenschaftliche Fächer an Bedeutung verloren. Beim Boxen konnten die Schüler besonderen Mut beweisen, versetzt wurde nur derjenige, der mindestens befriedigende Leistungen in den Leibesübungen erbrachte. Außerdem war jeder Abschlussjahrgang verpflichtet, einen national-politischen Lehrgang zu machen. Die Lehrerschaft nahm gezwungenermaßen an Lehrgängen „weltanschaulicher Schulung“ teil, um die Schüler im nationalsozialistischen Geiste erziehen zu können.
Die führenden Nationalsozialisten waren bestrebt, möglichst alle Jugendlichen in Deutschland in die Hiltlerjugend (HJ) einzugliedern. Wie erfolgreich ihr Bemühen war, zeigt sich an einer Statistik aus dem Schuljahr 1936/37, die meldet, dass 98,66% der Schüler der Staatsjugend angehörten.
Die „großen nationalen Geschehnisse“ der Jahre 1938 und 1939 beeinflussten nachhaltig den Schulbetrieb. Bereits militärisch ausgebildete Lehrer wurden zu soldatischen Übungen einberufen, Schüler nahmen an feierlichen Rekrutenvereidigungen teil und besuchten patriotische Filme. Zeit für normalen Unterricht blieb kaum, denn Aula, Turnhalle und andere Räume der Schule dienten der NSDAP für ihre zahlreichen Veranstaltungen.
Die Lage verschlimmerte sich, als dann im September 1939 der Zweite Weltkrieg begann. Nach den Sommerferien war der Luftschutzkeller noch nicht fertig gestellt, so dass der Schuljahresbeginn auf den 25. September verschoben werden musste. Auch der Unterricht konnte nicht in gewohnter Weise gehalten werden, denn 13 Lehrer der Schule standen im Kriegsdienst (am Ende des Krieges kehrten nur vier von ihnen zurück). Am 14.Oktober 1939 besetzte die Wehrmacht das Schulgebäude, so dass Schüler und Lehrer in die Städtische Mädchenoberschule (Lyzeum) umziehen mussten, wo dann an drei Tagen in der Woche Unterricht stattfand.
Erst um Juli 1940 konnte das Gebäude in der Engerser Landstraße wieder bezogen werden. Der Krieg hinterließ große Lücken in den Reihen der ehemaligen Schüler, bereits kurz nach Kriegsbeginn fielen drei Abiturienten. Ab 1942 gab es in der Schule eine Luftschutzwache: Ein Lehrer übernachtete mit zwei Schülern im Gebäude. In den folgenden Kriegsjahren mussten immer wieder Oberstufenschüler als Flakhelfer oder Luftwaffenhelfer arbeiten. 1944 übernahm die Wehrmacht erneut das Gymnasium und die Schülerschaft zog wieder zu den Mädchen.
Bei dem schweren Bombenangriff auf Neuwied am 8.9.1944 wurden viele Häuser, darunter auch das Lyzeum, stark beschädigt. Sechs Tage später mussten alle Schulen in der Moselregion auf Anordnung geschlossen werden. Am 26.12.44 fielen zahlreiche Brandbomben auf das Neuwieder Gymnasium: Das Dach des Ostflügels brannte ab, Lehrbücherei und Biologiesammlung wurden beschädigt. Daraufhin setzte die Evakuierung der Neuwieder Schulen ein, Jungen und Mädchen sollten eine Schule in der Oberpfalz besuchen. Eine Aktion, die unter dem Namen „Kinderlandverschickung“ lief. In ganz Deutschland wurden die Kinder aus den bombardierten Städten von ihren Familien getrennt und auf dem Lande in Schulheimen erzogen. Als der Krieg 1945 endlich zu Ende war, besetzten erst die Amerikaner und dann die Franzosen das Gymnasium.
Am 1. Oktober durfte die Schule den Unterricht wieder aufnehmen, von den evakuierten Schülern hatte es nur ein kleiner Teil geschafft nach Neuwied zurückzukehren, da sie in den fremden Städten und Dörfern festgehalten wurde. Der weitere Unterricht ,den die Besatzungsmacht nach ihren Maßstäben organisierte, stand unter starker französischer Beeinflussung.